Donnerstag, 10. Oktober 2013

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Malaria

Dr. med. Edith Fischnaller
Weltweit sterben jährlich zwischen 1,5  bis 2,7 Millionen Menschen an Malaria, etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder unter fünf Jahren. Über 40% der Weltbevölkerung leben in Regionen, in denen Malaria verbreitet ist. Afrika ist mit 90% der Erkrankten am schlimmsten betroffen, vor allem südlich der Sahara treten ¾ der Neuinfektionen auf. Laut WHO gibt es jährlichen 300 bis 500 Millionen Neuerkrankungen. Und durch die Zunahme von Resistenz gegenüber vieler Malariamedikamenten ist die Zahl wieder steigend.
Zuverlässige Daten gibt es nicht. Die Dunkelziffer ist hoch, da sehr viele Menschen es nicht ins Krankenhaus schaffen, sie sterben auf dem Weg oder bereits zu Hause. Nach Deutschland werden jährlich zwischen 500 und 1000 Malariafälle importiert. Selbst in Deutschland kann diese Erkrankung tödlich sein.
Malaria wird durch Parasiten, sogenannte Plasmodien, hervorgerufen. Übertragen werden sie durch die weiblichen Anophelesmücke beim Blutsaugen.
Es gibt verschieden Arten von Malaria:
Die gefürchtete "Malaria tropica" (Plasmodium falciparum) führt unbehandelt meist zum Tode. Milderen Formen sind die "Malaria tertiana" und "Malaria quartana". Sie können zu Formen führen, die sehr lange immer wieder Malariarückfälle hervorrufen. Die Schwere der Erkrankung hängt von der Art und Menge der Parasiten im Blut ab. Die Zerebralmalaria und andere Komplikationen sind gar nicht oder nur sehr schwer zu behandeln. 
Die Schwere der Erkrankung und der Symptome hängt auch vom Grad der Immunität der infizierten Person ab. Eine Semi-Immunität kann nach mehrmaligen Infektionen in einem Endemiegebiet aufgebaut werden, die eine schwere Erkrankung verhindert kann. Nichtimmune sind somit am stärksten gefährdet, unter ihnen besonders Kleinkinder, schwangere Frauen und ältere Menschen.

Entwicklungszyklus der Malaria

Quelle: www.cdc.gov
Die ungeschlechtliche Vermehrung findet im menschlichen Körper statt. Die durch die Anophelesmücke aufgenommenen Sporozoiten dringen aus der Blutbahn rasch in die Leberparenchymzellen ein und entwickeln sich zu einem Gewebeschizonten. Dieser Zyklus dauert je nach Plasmodienart zwischen 5 und 7 Tagen. Danach kommt es zur Ruptur der befallenen Leberzelle, die frei werdenden Merozoiten treten in die Blutbahn ein und befallen die Erythrozyten. Beim Zerfall der Erythrozyten werden wieder Merozoiten freigesetzt, die weitere Erythrozyten befallen. Einige von ihnen differenzieren sich in den Erythrozyten zu geschlechtlichen Formen (Gamogonie). Diese können wieder von Anophelesmücken bei einer Blutmahlzeit aufgenommen werden. In der Mücke findet wieder eine Reifung zu Sporozoiten statt, die über den Speichel beim nächsten Stich einen neuen Wirt infizieren können. Von Mensch zu Mensch findet auf natürlichem Wege keine Ansteckung statt.
Inkubationszeit:

Malaria tropica - Plasmodium falciparum:  ca. 7-14 Tage, Plasmodium vivax und  ovale: ca. 12-20 Tage, Plasmodium malariae : ca. 18- 40 Tage (aber auch bis mehrere Jahre möglich). Länger Inkubationszeiten sind nicht ungewöhnlich.
Symptome:

Grundsätzlich gibt es kaum Beschwerden, die nicht im Rahmen einer Malariaerkrankung auftreten könnten.
Charakteristischerweise tritt hohes Fieber meist mit Kopfschmerzen, Schwäche, Schüttelfrost und Gliederschmerzen auf. Theoretisch tritt das Fieber bei der Malaria tropica täglich, bei der Malaria tertiana jeden zweiten Tag (d.h. an den Tagen 1, 3 usw., daher die Bezeichnung "tertiana - dreitägig"), bei der seltenen Malaria quartana jeden dritten Tag (Tage 1, 4 usw., daher die Bezeichnung "quartana - viertägig") auf. Doch oft gibt es Mischinfektionen oder die Fieberzyklen sind nicht so eindeutig zuzuordnen.
Im weiteren Verlauf kann es bei der gefährlichen Form der Malaria innerhalb von Stunden zu Komplikationen kommen, die unbehandelt bei bis zu 20% zum Tod führen. Oft verbunden ist die Malaria tropica mit einer Thrombopenie (ca. 60%) und einer schweren Anämie, die dann eine sofortige Bluttransfusion erfordert, häufig kommt es auch zu einer Splenomegalie (Milzvergrößerung) und einer Hepatomegalie (Leberschwellung). Oft geht die Erkrankung mit Durchfall einher, deshalb sollte dies auch differentialdiagnostisch berücksichtigt werden. Weiter schwere Komplikationen sind das akute Nierenversagen, Lungenentzündungen, hämolytische Anämie und Gerinnungsstörungen sowie Kreislaufversagen und Schock.
Die zerebrale Malaria ist von Krampfanfällen, starken Kopfschmerzen, Bewusstseinstrübungen und Koma begleitet. Hier ist die Abgrenzung zu einer Meningitis (Hirnhautentzündung) ohne entsprechende Labordiagnostik oft schwierig. Deshalb werden in diesen Fällen auch zusätzlich wirksame Antibiotika gegen die Meningitis verabreicht.
Weitere Informationen beim Robert Koch Institut in Berlin: (www.rki.de)
Diagnostik:
Malaria-Patient in Liberia - Die kostengünstigste und einfachste Methode bei Malariaverdacht ist das Mikroskopieren des sog. Dicken Tropfens und auch des dünnen Blutausstrichs (Giemsa-Färbung) auf Plasmodien. Im Dicken Tropfen sind die Plasmodien im Vergleich zum Blutausstrich besser zu finden, da sie dort um das mehrfache angereichert sind. Oft werden keine Erreger gefunden, trotzdem wird gegen eine Malarie behandelt, da ein negativer Ausstrich eine Malaria nicht ausschließt. In diesem Fall muss man sich auf die klinischen Symptome und die Erfahrung verlassen.
Andere Methoden, wie ein Antigentest, PCR oder serologische Untersuchungen auf Malaria, sind für die Länder, in denen Cap Anamur arbeitet, nicht bezahlbar.
Malaria-Patienten in Uganda - Mittlerweile werden Malariaschnelltests angeboten, der Einsatz in unseren Krankenhäusern ist jedoch sehr begrenzt. Bei der Einführung von Schnelltesten sollte unbedingt bedacht werden, dass diese Tests aufgrund der fehlenden Finanzierung durch die Gesundheitswesen der jeweiligen Länder meist nicht weitergeführt werden können.
Therapie:

Die Behandlung der Malaria ist in jedem Land unterschiedlich.  In vielen Ländern können aufgrund der hohen Resistenzen viele günstige Medikamente nicht mehr verabreicht werden. Dies stellt Hilfsorganisationen und die Staaten vor schier unlösbare Probleme. Es werden widersprüchliche Behandlungsstrategien empfohlen, auch gibt es keine verlässlichen Daten über Infektions- und Todesdaten.
Besonders in Krisen- und Kriegsgebieten, in denen Cap Anamur arbeitet, wo die Gesundheitssysteme der Staaten oft nicht funktionieren und sich die Patienten eine private Behandlung nicht leisten können, ist eine günstige und machbare Therapie dringend notwendig.
Die Empfehlungen und Richtlinien der WHO 2006 (http://www.who.int/malaria/) zur Behandlung der Malaria mit einem Kombinationspräparat sind grundsätzlich sehr zu begrüßen, um endlich eine einheitliche Strategie weltweit zu etablieren. Da diese Medikamente zum Teil sehr teuer sind, bedeutet das einen erheblichen Anstieg der Projektkosten. Die Entwicklung kostengünstigeren neuer Medikamente und Kombinationspräparaten ist dringend erforderlich.
Heutzutage wird Artemisinin, Chinin, Chloroquin und die Fansidar®  (Sulfadoxin/Pyrimethamin) und Doxycyclin einzeln oder kombiniert eingesetzt. 
Für die Therapie stehen auch Lariam® (Mefloquin) und Malarone® (Atovaquon/Proguanil) zur Verfügung, andere Medikamente werden sehr selten verwendet.
Bei der Therapie sollte immer auch der nationale Standard und die Empfehlungen der WHO berücksichtig werden und nur in begründeten Fällen andere Therapien verabreicht werden.
Relativ neu und noch nicht in jedem Land eingesetzt wird das Malariamedikament Artemisinin. Dies sollte nach den Vorgaben der WHO wegen der zu befürchtenden Resistenzen nur noch mit einem anderem Malarimedikament kombiniert eingesetzt werden.
Präventivmaßnahmen:

Bei Einsätzen in Malariagebieten sollte eine individuelle Beratung erfolgen. Für Kurzeinsätze, bei chronischen Erkrankungen und ggf. in Hochrisikogebieten kann eine dauerhafte Prophylaxe sinnvoll sein. In einigen Gebieten und bei langen Einsätzen kann es auch sinnvoll sein auf eine Malariaprophylaxe zu verzichten und dann eine auftretende Malaria mit einem so genannten Stand-By-Medikament zu behandeln. Weiter Informationen unter http://dtg.org.
Über 90% des Malariarisikos kann schon alleine durch adäquate imprägnierte Moskitonetze, eine Reduktion des Parasitenreservoirs (keine offene Wasser- und Feuchtstellen in unmittelbarer Nähe der Wohnung), Vektorenbekämpfung und durch bauliche Maßnahmen, Moskitonetze am Fester und Repellantien (Lotion oder Hautsprays) verhindert werden. Mit der Verteilung von Moskitonetzen oder einem günstigen Verkauf werden gute Erfolge in der Bekämpfung der Krankheit erzielt. Dazu gehören auch Schulungen und Fortbildungen für die Bevölkerung und das medizinische Personal, das dringend notwendig ist.
Die Bekämpfung der Malaria mit DDT, wie von der WHO derzeit wieder gefordert, ist umstritten und sollte aus umweltmedizinischer Sicht nur sehr durchdacht und sparsam eingesetzt werden. Hier sollte auch in der Zukunft das Risiko der Anreicherung in der Nahrungskette dem der Folgen einer Malariaerkrankung entgegengesetzt werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Semi-Immunität der Menschen in einem Endemiegebiet verloren geht, welche vor einer schweren Malaria schützen kann. Sollte die Malaria dann aus verschieden Gründen wieder auftreten, zum Beispiel, wenn durch Krisen oder Krieg eine regelmäßige Behandlung mit DDT nicht mehr möglich ist, dann werden sehr viele an der Krankheit sterben, vor allem Kinder, Schwangere und Ältere.
Zusatzinformationen:
 Kurzfilm über Malaria
Die Dokumentationsreihe "Survival" lässt den Zuschauer hautnah miterleben, wie sich einige der weltweit größten Gesundheitsbedrohungen und die häufigsten Todesursachen auf die ärmsten Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern auswirken und wie betroffene Menschen versuchen, damit umzugehen.
"Survival" ist eine Kampagne von Ruder Finn in Zusammenarbeit mit Rockhopper TV, Imperial College London und der BBC. Alle Dokumentarfilme, Kurzversionen und Podcasts der Serie "Survival" stehen auf survival.tv kostenlos zur Verfügung.

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