Donnerstag, 30. Januar 2014

WHO-Malariabekämpfung in Afrika: Giftkrieger im Sprüheinsatz--Alzheimer

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/malariabekaempfung-in-afrika-giftkrieger-im-sprueheinsatz-a-672656.html

Malariabekämpfung in Afrika: Giftkrieger im Sprüheinsatz

Von Horand Knaup, Manzini
DDT ist ein hochgiftiges Pestizid. Afrikanische Länder nutzen die Chemikalie zur Malaria-Bekämpfung. Zwar gibt es einige Erfolge - doch Wissenschaftler warnen: Für Mensch und Tier ist die Sprühstrategie hochriskant.
Seuchenbekämpfung: DDT gegen MalariaFotos
Juda Ngwenya/ The Global Fund
Wenn die Männer von Simon Kunene ausrücken, geht es zu wie im Krieg. Sie tragen Uniformen, blaue Overalls, weiße Handschuhe und schwarze Schuhe. Ihre Waffe hängt über der Schulter: ein silbern glänzender Tank mit Sprühpistole. Darin schwappt eine hochgiftige Chemikalie. Der Feind erfordert eben besondere Vorsichtsmaßnahmen. Es ist die Anophelesmücke. Sie überträgt die Malaria, für die es keine Impfung gibt. Pro Jahr sterben weltweit mehr als eine Million Menschen an Malaria, darunter viele Kinder unter fünf Jahren. Deshalb hat Kunenes Heimatland Swasiland der Krankheit den Krieg erklärt.

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Kunene kämpft als oberster Malaria-Beauftragter gegen die Ausbreitung, und er hat den Krieg fast gewonnen. Er sitzt an seinem Schreibtisch in der Distrikthauptstadt Manzini, faltet die Hände hinter dem Kopf zusammen und listet die Daten auf: "Wir hatten schon über 200 Malaria-Opfer pro Jahr. 2009 hatten wir noch drei Malaria-Tote. 1960 hatten 65 Prozent der Kinder unter fünf Jahren schon einmal Malaria, jetzt sind es weniger als ein Prozent." Nur im Osten des Landes träten noch vereinzelt Krankheitsfälle auf. Der Mann ist zufrieden mit sich und seiner Arbeit.Das kleine Swasiland mit seinen eine Million Einwohnern kämpft seit Dekaden gegen die Malaria. Schon 1946 gab es staatliche Programme. 1972 war die Krankheit bereits so gut wie ausgerottet. Dann kürzte die Regierung die Gelder und Programme, was sich als Fehler herausstellte. 1995 wurden wieder 10.000 Fälle gezählt - ehe sich die Regierung erneut zu einer Radikalkur entschied.
Die sieht so aus: Einerseits werden rund 100.000 Malarianetze verteilt. Vor allem aber wird nahezu jedes Haus in Swasiland einmal im Jahr zwischen August und Februar mit dem hochgiftigen Insektizid DDT besprüht.
Ist DDT das kleinere Übel?
DDT ist ein umstrittenes Pflanzenschutzgift. Jahrzehntelang war es weltweit das meistverwendete Insektizid - bis es in den siebziger Jahren wegen seiner Nebenwirkungen weitgehend aus dem Verkehr gezogen wurde. Das Stockholmer Abkommen, 2004 von 133 Staaten unterzeichnet, lässt DDT nur noch zur Bekämpfung von krankheitsübertragenden Insekten, wie etwa der Anophelesmücke, zu.
Seit einigen Jahren tobt der Streit, ob DDT zur Malaria-Bekämpfung ein sinnvolles Mittel ist. Nein, sagen zahlreiche Umweltmediziner: Das Breitbandinsektizid reichere sich im Boden und über die Nahrungskette auch im Fettgewebe von Tieren und Menschen an. Zudem stehe es im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Nein, sagt auch das deutsche Umweltbundesamt, das die Erfolge der Kampagne in Swasiland nicht abstreitet. Längst aber hätten sich Resistenzen gebildet, und die schädliche Wirkung auf Mensch und Umwelt sei hinreichend belegbar.
Ja, sagt dagegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO): 40 Jahre lang hatte sie von DDT abgeraten, seit 2006 aber empfahl sie wieder den begrenzten Einsatz. Ja, sagt auch die staatliche amerikanische Hilfsorganisation USAID: Unter bestimmten Umständen und wohldosiert könne das Insektizid Hunderttausende Menschen retten.
Unentschieden ist die Bundesregierung. Während das Umweltbundesamt vor dem DDT-Einsatz warnt, sponsert Berlin den Global Fund, der auch in Swasiland den Anti-Malaria-Kampf und damit den DDT-Einsatz finanziert. Seit 2002 hat Deutschland der Uno-nahen Organisation 670 Millionen Euro überwiesen; für den Zeitraum von 2008 bis 2010 sind jährlich 200 Millionen Euro geplant.
Zweifel an Wirkung von Moskitonetzen
Andere von der Malaria stark getroffene afrikanische Länder wie Uganda, Tansania und Botswana haben das Gift wieder zugelassen. Allerdings ist die Arglosigkeit für europäische Verhältnisse gewöhnungsbedürftig. "Die Menschen hatten auch schon DDT in ihrem Blut, bevor wir das Sprayen begonnen haben. Und sie waren keineswegs krank", sagte im vergangenen Jahr etwa der ugandische Arzt Myers Lugemwa.
Für den DDT-Einsatz spricht, dass sich die kostenlose Abgabe von Moskitonetzen, wie sie in vielen afrikanischen Ländern Praxis ist, nicht als besonders erfolgreich erwiesen hat. Die Netze kommen nicht an, sie werden zerstört oder die Anophelesmücke schlägt bereits am frühen Abend zu.
Auch Simon Kunene schwört deshalb auf das Gift. "Wann gehen die Leute denn ins Bett?", fragt er beschwörend. "Wenn sie abends bis 23 Uhr fernsehen, werden sie schon ein halbes Dutzend Mal gestochen. Da helfen auch Bettnetze nicht." Seit 22 Jahren arbeitet er nun gegen die Malaria an. "Wir haben so viel Geld für Netze ausgegeben - aber nichts ist so erfolgreich wie das DDT." Und weil er überzeugt ist von der Wirksamkeit des Insektizids, hat er sogar im US-Senat für die Wiederzulassung geworben.
Die Zahlen rechtfertigten den hohen Einsatz, sagt Kunene. "Schauen Sie nach Namibia, Südafrika oder Botswana - die haben Erfolg, weil sie sprayen." Und auch in Swasiland werde man weiter sprühen müssen. "Die Temperaturen verändern sich - und wenn wir nicht dagegen angehen, wird sich die Krankheit weiter ausbreiten."
"Ich weiß, dass es gefährlich ist"
Das soll sie nicht, und deshalb sind Kunenes Leute nach Siphofaneni gekommen, ein Dorf tief im Osten des Landes, unweit der Grenze zu Mosambik. Meusa Tsabdze, 27, ist einer von ihnen. Seit sechs Jahren eilt er mit der Giftspritze durchs Land, 30 bis 40 Häuser nebelt er jeden Tag ein. "Ich weiß, dass es gefährlich ist", sagt er, "aber ich weiß auch, wie man damit umgeht". Er habe ja Maske, Handschuhe, Overall, spezielle Schuhe - und er bekomme jedes Jahr vor Saisonbeginn eine besondere Schulung.
Bevor sich Tsabdze eine Hütte vornimmt, tragen Kollegen Töpfe, Geschirr und Kleider hinaus, Bett und Mobiliar werden mit einem Tuch abgedeckt. Dann tritt Tsabdze in Aktion. Sorgfältig bearbeitet er die Unterseite des Bettes, Wände und das Dach - sämtliche Stellen, an denen sich die Mücken verstecken könnten.
Von draußen verfolgt Pepsile Mamba die Aktion. Sie ist 25 Jahre alt, hat vier Kinder. Eher teilnahmslos beobachtet sie das Treiben des vermummten Trupps. Ihre jüngste Tochter, gerade sechs Wochen alt, trägt sie auf dem Arm. Ein Moskitonetz, das sie schützen könnte, besitzt sie nicht. "Ich hatte noch nie ein Netz", sagt sie. "Und als ich in der Klinik war, gab es keine mehr." Tsabdze räuchert die Hütte aus. Zwei Stunden später wird Pepsile Mamba ihr Domizil wieder betreten. Dass sie und ihr Säugling nicht mit dem Insektengift in Berührung kommen, ist eher unwahrscheinlich.
Die Malaria ausrotten

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Auch sonst hat die Sorgfalt ihre Grenzen. Nach dem Sprayen soll eigentlich mehrere Stunden gründlich gelüftet werden. Doch das kontrolliert niemand. Zudem werden die kontaminierten Abdecktücher des Spraytrupps immer wieder aufs neue auf Betten und Sofas, Kissen und Decken gelegt, mal von oben, mal von unten. Am Ende des Tages sind sie Gift getränkt und eher eine DDT-Schleuder als ein Schutz vor dem Gift.Auch sonst läuft nicht alles nach Plan. Längst nicht überall, wo die Spraykommandos anrücken, werden auch die versprochenen Netze ausgegeben. Mal kommen sie zu spät, mal gar nicht. "Stimmt", räumt Chef Kunene ein, "die Netze sollten längst da sein". Sind sie aber nicht, also wird es erst im nächsten Jahr wieder Netze geben.
Doch von solchen Kleinigkeiten lässt sich Kunene nicht beirren. Unbeirrt verfolgt er seine Mission weiter. Bis 2015, das ist sein Plan, soll die Malaria in Swasiland ausgerottet sein. Kunene: "Dann will ich in Rente gehen."







http://www.extremnews.com/nachrichten/gesundheit/495714ba328efcb

Pestizid mit Alzheimer in Zusammenhang gebracht

Freigeschaltet am 29.01.2014 um 10:33 durch Thorsten Schmitt
Flugzeuge bei DDT-Verteilung: Belastung für Umwelt und den Körper. Bild: SPL
Flugzeuge bei DDT-Verteilung: Belastung für Umwelt und den Körper. Bild: SPL
Der Kontakt mit einem in der Vergangenheit oft eingesetzten Pestizid kann die Wahrscheinlichkeit von Alzheimer erhöhen. Zu dem Fazit kommt eine Studie von Forschern der Rutgers University und Emory. Alzheimer-Patienten verfügten über vier Mal höhere DDT-Werte als gesunde Menschen. Das Pestizid wird heute noch in einigen Ländern zur Bekämpfung von Malaria eingesetzt.
DDT wurde Ende des Zweiten Weltkriegs sehr erfolgreich im Kampf gegen Malaria eingesetzt und später zum Schutz der Ernten. Die Folgen auf den menschlichen Organismus und die Umwelt wurden immer wieder diskutiert. Das Pestizid wurde in den USA und vielen anderen Ländern 1972 verboten. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt es jedoch heute noch zur Bekämpfung von Malaria. DDT bleibt auch dann noch im Körper, wenn es bereits zu DDE abgebaut worden ist.
Die Experten testeten die Blutwerte von 86 Alzheimer-Patienten auf DDE und verglichen die Ergebnisse mit jenen von 79 Personen ähnlichen Alters und Hintergrunds. Die Ergebnisse zeigten, dass die Alzheimer-Patienten über 3,8 Mal so hohe DDE-Werte verfügten. Manche gesunde Teilnehmer verfügten jedoch ebenfalls über hohe DDE-Werte, manche Patienten hatten niedrige Werte. Alzheimer trat auch schon vor dem Einsatz von DDT auf. Die Forscher gehen davon aus, dass die Chemikalie die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung erhöhen kann und eine Rolle bei der Entstehung der Plaquen im Gehirn spielen dürfte, schreibt JAMA Neurology.
Starker Risikofaktor
Laut Allan Levey vom Alzheimer's Disease Research Centre der Emory University ist diese Studie eine der ersten, die einen starken Risikofaktor für Alzheimer identifiziert, der aus der Umwelt stammt. "Dieser Effekt ist erstaunlich groß. Er ist mit den meisten bekannten genetischen Risikofaktoren vergleichbar." Mitautor Jason Richardson ergänzt, dass die Menschen in den USA diesen Chemikalien noch immer ausgesetzt sind. Verantwortlich dafür sind der Import von Lebensmitteln und die Tatsache, dass DDE sehr lange in der Umwelt erhalten bleibt.
Lexikon
 
DDT
1,1,1-Trichlor-2,2-bis(4-chlorphenyl)ethan

  
DDT ist ein lang anhaltendes und stark wirkendes Insektenvernichtungsmittel (Insektizid), das man früher mit dem nicht systematischen Namen Dichlordiphenyltrichlorethan benannte. Es wurde im Jahre 1874 erstmals von Othmar Zeidler hergestellt. Die insektizide Wirkung entdeckte jedoch erst Paul Müller im Jahre 1939 in einem Labor der Geigy AG. Müller erhielt für diese Entdeckung den Nobelpreis für Medizin im Jahre 1948. 
  
Durch den massiven Einsatz des Insektizids als Kontakt- und Fraßgift vor allem in den tropischen Ländern konnten viele Krankheiten, die durch Stechmücken, Fliegen und Läuse übertragen wurden, wirksam bekämpft werden. So gingen die Erkrankungen an Malaria, Fleckfieber, Typhus und Cholera in der Folgezeit stark zurück. 1963 wurden weltweit 100000 Tonnen des Insektizids hergestellt und eingesetzt. 
  
Nach und nach stellte sich jedoch heraus, dass sich das Gift über die Nahrungskette weltweit verteilte. Aufgrund der Fettlöslichkeit reicherte sich DDT zunächst im Fettgewebe von Fischen und Vögeln und schließlich auch im Menschen an. Schließlich war DDT selbst in der Muttermilch europäischer Frauen nachweisbar. DDT wird von der Umwelt nur langsam abgebaut, es ist sehr umweltgefährlich und wirkt in geringen Konzentrationen tödlich für Krustentiere und Fische (vgl. LC50-Werte). DDT steht auch im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Höhere Konzentrationen bewirken Schweißausbrüche und Übelkeit. 
  
Heute ist die Produktion und der Einsatz von DDT in den meisten europäischen Ländern verboten, während es in vielen Entwicklungsländern immer noch hergestellt wird. Ein weiteres Problem ist die zunehmende Resistenz der Schädlinge, so dass immer neue Insektizide erfunden werden müssen. 




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