Freitag, 14. Februar 2014

BIOWAFFEN-STUDIE Nazis wollten Mücken als Waffen einsetzen Himmlers Teufelspläne

http://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article124921084/Himmlers-teuflisches-Interesse-am-Malaria-Erreger.html

DIE WELT

Himmlers teuflisches Interesse am Malaria-Erreger

Mücken als Wunderwaffen: Neueste Forschungen weisen darauf hin, dass die Menschenversuche im KZ Dachau und das benachbarte Entomologische Institut Teil eines B-Waffen-Programms der SS waren.Von Sven Felix Kellerhoff
SS-Experimente mit der Malaria-Mücke

Mit dem deutschen Angriff auf Jugoslawien und Griechenland (Foto) im Frühjahr 1941 wurde die Malaria zum Problem für die Wehrmacht. Bislang wurden entsprechende Versuche in den KZs in dieser Richtung interpretiert. Möglicherweise steckte aber auch etwas ganz anderes dahinter.
Foto: picture alliance / akg-images
Mit dem deutschen Angriff auf Jugoslawien und Griechenland (Foto) im Frühjahr 1941 wurde die Malaria zum Problem für die Wehrmacht. Bislang wurden entsprechende Versuche in den KZs in dieser Richtung interpretiert. Möglicherweise steckte aber auch etwas ganz anderes dahinter.


Dass es medizinische Menschenversuche im Konzentratrionslager Dachau gegeben hat, ist bekannt. Dass es womöglich auch darum ging, die Malaria als biologische Waffe für den Einsatz vorzubereiten, ist eine neue These.

Dass es medizinische Menschenversuche im Konzentratrionslager Dachau gegeben hat, ist bekannt. Dass es womöglich auch darum ging, die Malaria als biologische Waffe für den Einsatz vorzubereiten, ist eine neue These.


Mit der Malaria als Krankheit wurden die deutschen Truppen bei ihrem Vorstoß auf Ägypten 1941/42 ...


Mit der Malaria als Krankheit wurden die deutschen Truppen bei ihrem Vorstoß auf Ägypten 1941/42 ...





... und in den Prypjat-Sümpfen Weißrusslands konfrontiert.




Der Tropenarzt Claus Schilling (Jg. 1871) infizierte in Dachau rund 1200 Häftlinge mit dem Malaria-Erreger. 1945 wurde er im Dachau-Hauptprozess zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet.

Foto: US Government
Der Tropenarzt Claus Schilling (Jg. 1871) infizierte in Dachau rund 1200 Häftlinge mit dem Malaria-Erreger. 1945 wurde er im Dachau-Hauptprozess zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet.

Das Thema war Heinrich Himmler offensichtlich wichtig. Mehr als fünf Stunden lang widmete sich der "Reichsführer SS" am Abend des 27. Januar 1942 seinen Besuchern Claus Schilling und Leonhard Conti. Beide, der wichtigste deutsche Tropenmediziner und der "Reichsärzteführer", waren prominent, aber doch nicht so bedeutend, dass der zweitmächtigste Mann des Dritten Reiches ihnen unbedingt so viel Zeit hätte einräumen müssen. Himmler ging es um ein spezielles Thema: Malaria.
Zu dieser Zeit hatte Schilling gerade eine ganz besondere Versuchsreihe begonnen: In Dachau war ihm ein eigenes Institut eingerichtet worden. "Ein emeritierter Professor bekommt ein ganzes KZ als Versuchslabor zur Verfügung gestellt", beschrieb der Medizinhistoriker Ernst Klee in seinem Buch "Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer" den Vorgang. Schilling konnte fortan weitgehend frei an wehrlosen Häftlingen verschiedene Infektionswege und Therapien erproben.
Wahrscheinlich 1200 Menschen infizierte der Arzt mit dem Erreger und behandelte sie danach mit verschiedenen Präperaten oder auch – als "Kontrollgruppe" – gar nicht. Mindestens 30 bis 40 starben direkt an Malaria, zehnmal so viele indirekt an gesundheitlichen Folgen der Experimente. Schilling wurde dafür im ersten Dachauer Prozess zum Tode verurteilt und 1946 gehenkt. So weit ist die Geschichte der Malaria-Versuche in Dachau bekannt.

Himmlers Versprechungen

Als Grund gelten die Sorgen, deutsche Soldaten könnten in den malariaverseuchten Sümpfen der westlichen Sowjetunion, etwa dem Pripjat, in Griechenland und nach einer 1941/42 möglich erscheinenden Ausweitung der Kämpfe in Nordafrika nach Ägypten und in den Mittleren Osten ihre Kampfkraft verlieren. Um dem vorzubeugen, so die Annahme, könnte Himmler auf die Entwicklung eines praxistauglichen Malaria-Medikaments um jeden Preis gedrungen haben.
Dafür spräche, dass der "Reichsführer SS", jedenfalls laut dem Klassiker "Der SS-Staat" des früheren Buchenwald-Häftlings Eugen Kogon, Überlebenden der Malaria-Versuche bei einem Besuch im KZ Dachau gesagt haben soll: "Jungens, Ihr habt dem Vaterland einen ebenso großen Dienst erwiesen wie unsere Soldaten an der Front." Kogons Informationen zufolge, fast ausschließlich Erinnerungen von Lagerinsassen, habe Himmler versprochen: "Ich werde Euch bei einer demnächstigen Entlassungsaktion nicht vergessen." Dazu kam es aber nie. Ob das Zitat tatsächlich so oder ähnlich gefallen ist, muss offenbleiben.

Bislang unbeachtete Unterlagen

Fast sieben Jahrzehnte später werfen Forschungen des Tübinger Insektenforscher Klaus Reinhardt jedoch ein ganz neues Licht auf diesen Teil der NS-Verbrechen. Der Mitarbeiter des Instituts für Evolution und Ökologie hat bislang unbeachtete Unterlagen ausgewertet und stellt in der britischen Fachzeitschrift "Endeavour" die These auf, mindestens 1944 könnten die Versuche nicht nur der Erprobung von Malaria-Mitteln gedient haben, sondern auch der Entwicklung der Krankheit zur biologischen Waffe.
Ebenfalls bekannt war, dass Himmler Anfang Januar 1942 die Gründung eines SS-eigenen Entomologischen, also insektenkundlichen Instituts angeregt hatte, das von der SS-Organisation "Ahnenerbe" auch umgehend eingerichtet wurde. Sein Standort wurde im April 1942 festgelegt: Dachau, direkt östlich des Häftlingslagers. Nach bisherigem Wissen war seine Aufgabe die Erforschung von Schädlingen wie Wanzen, Läusen, Flöhen, Bremsen – und Mücken.
Aufgrund von Materialmangel kam die Arbeit dieses primitiv in zwei Baracken untergebrachten Instituts erst 1944 in Gang. Im Gegensatz zu Claus Schillings Malaria-Station fanden hier wohl keine Menschenversuche statt, sondern waren lediglich geplant. Sicher aber hatte der Leiter Eduard May Zugriff auf die Ergebnisse der Dachauer Experimente; das hatte das SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt, vorgesetzte Dienststelle aller KZs, ausdrücklich gewünscht. Was das Entomolgische Institut aber tatsächlich erforscht hat, war bisher nicht ganz klar.

Wenig qualifiziertes Personal

Gut möglich, dass Klaus Reinhardts Untersuchungen hier einen Durchbruch bringen. Denn die rund zehn Mitarbeiter des Instituts – außer May und seinem Stellvertreter Rudolf Schütrumpf noch durchschnittlich acht Assistenten – waren kaum qualifiziert für echte insektenkundliche Untersuchungen. May war zwar gelernter Zoologe, aber hatte sich habilitiert im Gebiet Naturphilosophie und Geschichte der Naturwissenschaften. Schütrumpf war Prähistoriker, die Assistenten bestenfalls "Hobbybiologen", hat die Historikerin Angelika Heider festgestellt.
Ernsthafte insektenkundliche Ergebnisse waren bei solchem Personal kaum zu erwarten. Die jetzt erstmals ausgewerteten Unterlagen von Eduard May weisen auch in eine andere Richtung: den Einsatz von Krankheitserregern als Waffe. Unter anderem, so Reinhardt, untersuchte das Institut, wie lange Stechmücken ohne Nahrung überleben, während man sie von einer Zuchtstation zu einer Abwurfstelle transportierte. Eine Anmerkung des Institutsleiters scheint besonders eindeutig. Darin empfahl May, eine bestimmte Art von Anopheles-Mücken zu verwenden. Wenn es um die Abwehr eines eventuellen Einsatzes biologischer Waffen durch die Kriegsgegner Deutschlands gegangen wäre, hätten solche Bemerkungen keinen Sinn.

B- und C-Waffen

Hitler selbst hatte 1942 die Entwicklung von biologischen Offensivwaffen kategorisch verboten. Sie schienen ihm zu unberechenbar. Dagegen erlaubte er sowohl die Forschung an Gegenmitteln wie auch die aktive Forschung an neuen Chemiewaffen und ihre Produktion, obwohl – oder gerade weil – er im Herbst 1918 selbst einmal mit Giftgas in Berührung gekommen war. Unter anderem in der Zitadelle Spandau bei Berlin wurden tödliche Nervengase erforscht; es gab auch chemische Werke, in denen insgesamt 12.000 Tonen des Nervengases Tabun und immerhin 30 Tonnen des noch giftigeren Stoffes Soman erzeugt wurden.
Im Gegensatz zu Hitler war Heinrich Himmler ein Befürworter biologischer Waffen. Es ist gut möglich, dass dies der eigentliche Grund sowohl für seine Unterstützung von Claus Schillings Malaria-Versuchen im KZ Dachau als auch für die Gründung des Entomologischen Instituts in direkter Nachbarschaft war, die sich offiziell beide mit der Bekämpfung von Krankheiten beschäftigen sollten. Zuzutrauen wäre ein solches Kalkül dem "Reichsführer SS" jedenfalls.


http://www.bz-berlin.de/aktuell/panorama/nazis-wollten-muecken-als-waffen-einsetzen-article1802866.html





BIOWAFFEN-STUDIE

Nazis wollten Mücken als Waffen einsetzen

13. Februar 2014 15:08 Uhr, B.Z./dpa | Aktualisiert 15:41Ein Wissenschaftler behauptet, die Nazis hätten geplant gehabt, mit Malaria infizierte Mücken im Feindesland einzusetzen.


Die Nazis wollten offenbar Mücken als Biowaffen einsetzen
picture allianceBild 1 von 1
Die Nationalsozialisten haben zum Ende des Zweiten Weltkriegs offensichtlich nach Möglichkeiten gesucht, mit Malaria infizierte Mücken als biologische Waffen einzusetzen. Das gehe aus Protokollen des Konzentrationslagers Dachau hervor, schreibt der Tübinger Wissenschaftler Klaus Reinhardt in der Fachzeitschrift „Endeavour”.
1944 sei in dem Forschungsinstitut in Dachau untersucht worden, wie man infizierte Mücken lange genug am Leben halten könne, um sie in feindliches Gebiet zu bringen und dort freilassen zu können.
Offiziell sei es in dem Labor darum gegangen, Mittel gegen von Läusen und Insekten übertragene Krankheiten zu finden. Typhus und andere Krankheiten waren unter deutschen Soldaten und in den Konzentrationslagern weit verbreitet. Doch Notizen des Institutsleiters ließen keinen anderen Schluss zu, als dass auch an einer Waffe für den Angriff gearbeitet wurde, teilte die Universität Tübingen am Donnerstag mit.
Reinhardt hatte erstmals Forschungsprotokolle des Entomologischen Instituts im KZ Dachau sowie Anmerkungen des Institutsleiters untersucht. Darin werde berichtet, dass die Wissenschaftler 1944 verschiedenen Mückenarten daraufhin untersucht hätten, wie geeignet sie für einen Einsatz als Kriegswaffe wären, sagte der Experte vom Tübinger Institut für Evolution und Ökologie. Entscheidende Fragen seien den Protokollen zufolge gewesen, ob die blutsaugenden Stechmücken lange genug ohne Nahrung überleben, um sie von einer Zuchtstation zur Abwurfstelle transportieren zu können. Am Ende der Versuche habe der Institutsleiter eine bestimmte Art von Anopheles-Mücken für diesen Einsatz empfohlen.
Bislang sei unter Fachleuten umstritten, ob die Nazis im Zweiten Weltkrieg den Einsatz biologischer Waffen geplant hätten, sagte Reinhardt. Diese Frage könne nach den neusten Erkenntnissen nun neu diskutiert werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen