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Eine Impfung gegen Malaria ist nicht in Sicht. Der beste Schutz sind Moskitonetze. Obwohl Tansania die Netze selbst produziert, können sie nur mit internationaler Hilfe an die Bevölkerung verteilt werden.
Die Krankenstation von Ndumbwe besteht aus vier Räumen, die in einem flachen Betonbau untergebracht sind. Auf der überdachten Veranda warten zahlreiche Frauen mit Kindern. Hier im Süden Tansanias, in der Provinz Mtwara, nahe der Grenze zu Mosambik, liegt die Malariarate bei Kindern unter sechs Jahren bei 17 Prozent.
Apathisch, mit fiebrig glänzenden Augen sitzt der kleine Samly Hya auf dem Schoß seines Großvaters in dem Behandlungsraum. Zwei Jahre alt sei der Junge, vielleicht auch drei, so genau wisse der Großvater das nicht. Schon am Vortag sei er mit dem Kind hier gewesen, übersetzt Wilhelmina Rimishu vom tansanischen Gesundheitsministerium weiter. Sie ist für das Malaria-Kontrollprogramm zuständig, und zeigt Mitarbeitern des Global Fund zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, wie das Programm in entlegenen ländlichen Regionen wie hier in Mtwara umgesetzt wird.
Hohes Malariarisiko
Da keine Malaria-Schnelltests in Ndumbwe vorrätig waren, konnte der Arzt die Diagnose nur anhand der Symptome stellen: Fieber, Durchfall, anscheinend auch Gliederschmerzen. Das Kind weint und ist unruhig. "Der Junge ist mit der Standard-Therapie behandelt worden", so Wilhelmina Rimishu, "aber er ist immer noch krank, deshalb ist der Großvater erneut gekommen." Die Delegation aus dem Gesundheitsministerium hat Malaria-Schnelltests mitgebracht. Anhand einer Blutprobe bestätigt sich die Diagnose. Der kleine Samli muss umgehend im Distriktkrankenhaus von Mtwara behandelt werden - die nächsten Stunden sind entscheidend für das Überleben des Jungen.
Nach Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo ist Tansania das drittstärkste von Malaria betroffene Land: 40 der 43 Millionen Einwohner des Landes leben in Risikogebieten. Zwischen zehn und zwölf Millionen Erkrankungen werden jährlich registriert. Die von der Anopheles-Mücke übertragene Krankheit verursacht immer noch bis zu 30.000 Todesfälle pro Jahr in Tansania, überwiegend unter Kleinkindern und Schwangeren.
Die Zahlen sind nach wie vor dramatisch, und doch stehen sie für eine Erfolgsgeschichte. Dank internationaler Hilfe ist es gelungen, die Malariarate von 18 auf neun Prozent zu halbieren. Acht von zehn Malaria-Patienten werden innerhalb eines Tages nach Ausbruch der Symptome diagonistiziert und behandelt.
Prävention ist der beste Schutz
Eine Impfung gegen Malaria ist noch nicht in Sicht. Also ist vor allem die Vorsorge wichtig. "Mehr als 80 Prozent der Haushalte haben ein Moskitonetz", bestätigt Christoph Benn vom Global Fund. "Dabei sind in vielen Moskitonetzen die Insektizide bereits in die Fasern eingearbeitet, so dass die Moskitos sterben, wenn sie das Netz berühren", erläutert der Global Fund Direktor.
Hergestellt werden diese Netze in Tansania selbst, "von Afrikanern für Afrikaner in Afrika". Mit diesem Slogan wirbt die Firma von Binash Haria für ihre Moskitonetze. In der weiten Ebene am Fuße des Kilimanjaro, in der Nähe von Arusha liegt die Fabrik des indischstämmigen Textilunternehmers. Dreißig Millionen Netze werden hier jedes Jahr hergestellt. Von der Garnproduktion bis zum fertig verpackten, qualitätsgeprüften Moskitonetz sind alle Arbeitsschritte in einer großen Fabrikhalle untergebracht. Haria ist stolz darauf, dass er nicht nur zur Malariabekämpfung in seinem Land, sondern auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region beiträgt: "Wir sind einer der größten Arbeitgeber hier in der Region, wir haben 8000 Arbeiter. Wenn wir von einer fünfköpfigen Durchschnittsfamilie ausgehen, dann profitieren 40.000 Menschen von diesem Unternehmen."
Tansania ist auf internationale Hilfe angewiesen
Eine Malariabehandlung kostet nicht mehr als ein Euro pro Tag, ein Moskitonetz ist für knapp fünf Euro zu haben. "Das sind keine sehr großen Kosten", so Christoph Benn, "und doch hat das Land sich nicht in der Lage gesehen, dies flächendeckend zu gewährleisten." Die Aussicht auf internationale Hilfe durch den Global Fund sei daher ein wichtiges Signal: "Wenn die Länder wirksame Konzepte entwickeln, sind wir gerne bereit, sie zu finanzieren."
Dazu zählt auch das vor vier Jahren begonnene Gutscheinprogramm für Moskitonetze, von dem auch Rehema Mohammed profitiert. Im Krankenhaus hat sie bei der Vorsorgeuntersuchung ihres dritten Kindes einen Gutschein für ein Moskitonetz erhalten. Dafür bekommt sie in der Apotheke ein Netz für ihren Sohn. Statt knapp 10.000 tansanische Schilling (umgerechnet 4,50 Euro) kostet es mit Gutschein nur noch 500 Schilling (0,25 Euro). Sie weiß, wie wichtig dieser Schutz gegen Moskitos ist: "Während der Schwangerschaft hatte ich Fieber. Der Arzt hat Malaria diagnostiziert. Ich habe dann Medikamente erhalten." Seitdem schlafen sie, ihr Mann und die beiden älteren Kinder nur noch unter Moskitonetzen. In jeder Schwangerschaft hat sie einen Gutschein erhalten. Insgesamt sind seit 2009 rund 34 Millionen Moskitonetze verteilt worden, so Wilhelmina Rimishu vom Gesundheitsministerium.
Malaria lässt sich nicht ausrotten
Die insektizid-imprägnierten Netze haben eine Wirkungsdauer von ungefähr fünf Jahren. Um die Abdeckung von 80 Prozent der Haushalte aufrechtzuerhalten, hat die Regierung mit internationaler Finanzierung jetzt ein neues Programm gestartet: Moskitonetze werden in den Schulen verteilt. Nur so lässt sich die Ausbreitung von Malaria verhindern.
Denn die Krankheit stellt auch weiterhin ein großes Gesundheitsrisiko dar, betont Christoph Benn. "Tansania ist ein tropisches Land mit Regenzeiten, die die Fortpflanzung der Moskitos begünstigen. Man muss sicherstellen, dass alle Familien sich vor dieser Krankheit schützen können."
Der kleine Samli Hya ist inzwischen mit seinem Großvater im Krankenhaus im 30 Kilometer entfernten Mtwara angekommen und wird dort stationär aufgenommen. In einigen Tagen ist er über den Berg, versichert die Krankenschwester. Bis die Eltern des Jungen, die in Daressalaam arbeiten, nach Hause kommen, wird er wieder gesund sein.
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